Freitag, 5. Juni 2015

Blutgierige Mücken, abenteuerliche 4WD Tracks und vielseitiges Red Centre

Das tropische Top End des Northern Territory ist geprägt von Sumpfgebieten, welche von unterschiedlichen Vögeln, gefährlichen Krokodilen und blutgierigen Mücken besiedelt sind. Die Krokodile bestaunten wir bei einer „Jumping Crocodile“ Tour auf dem Adelaide River aus nächster Nähe. Mit ihren kräftigen Schwänzen können sich die Reptilien aus dem Wasser heraus katapultieren, um ihre Beute zu erfassen. Nebst den springenden Krokodilen sahen wir auf der Tour auch ein mit Krokodileiern gefülltes Nest sowie bereits geschlüpfte, drei Wochen alte Mini-Krokis. Die Sumpfgebiete sind durchzogen von verschiedenen Dämmen. Einer davon, der Fogg Dam, kann mit dem Auto befahren werden. Darüber zu laufen ist verboten, da sich am Strassenrand ab und zu Krokodile sonnen oder diese auch vom Wasser aus Fussgänger attackieren können. Wir kamen uns vor wie auf einer kleinen Safari, da wir die Tiere vom Auto aus beobachten konnten. Auf der Rückfahrt über den Damm waren wir froh sassen wir im sicheren Auto, lag doch tatsächlich ein Krokodil am Strassenrand.
 
Im Kakadu Nationalpark erklommen wir den Gunlom Wasserfall, machten einige andere Wanderungen und versuchten dabei, die Felsmalereien der Aborigines zu deuten. Bei den Yellow-Water-Sümpfen nahmen wir zu Sonnenaufgang an einer Bootstour teil. Wir genossen die besondere Morgenstimmung auf dem Fluss, das anschliessende reichhaltige Frühstücksbuffet sowie das Schweizer Gipfeltreffen. Beim Schweizer Gipfeltreffen handelte es sich um eine zufällige Zusammenkunft am Frühstücksbuffet mit zwei anderen Paaren (1x Bern und 1x Obwalden), die wir auf unserer Reise schon vor längerem einmal angetroffen, seither aber nie mehr gesehen hatten. Wir wussten einander viel zu erzählen und niemand hatte wirklich Lust aufzubrechen. Das Mittagsbuffet war bereits wieder abgebaut bis wir uns trennen konnten und alle wieder in verschiedene Himmelsrichtungen verstoben. Eines Abends entdeckte Andrea im Schein der Taschenlampe glitzernde Punkte am Boden. Sie war ganz entzückt ab den vermeintlichen Käfern, welche sich bei näherem Hinsehen als Spinnenaugen entpuppten. Das Gekreisch könnt ihr euch ja vorstellen...
 
So schnell wie möglich wollten wir die fiesen Mücken und die klebrige, schwüle Luft hinter uns lassen und fuhren dazu auf dem Stuart Highway ins über 1‘000 Kilometer entfernte Red Centre, dem Herz des Kontinentes. Unterwegs machten wir einige Abstecher um die langweilige Fahrt – abgesehen von toten, aufgedunsenen Kühen am Strassenrand – etwas aufzupeppen. So unternahmen wir bei den Edith Falls eine Wanderung und erfrischten uns in den kühlen Wasserlöchern oder schnorchelten durch den 34° C warmen, palmengesäumten, glasklaren Thermalfluss Bitter Springs. Einen weiteren Halt machten wir beim berühmten Daly Water Pup. Die Kneipe soll die älteste im Northern Territory sein. Früher pinnten Schafscherer Geldscheine mit ihren Namen an die Wand, um sicher zu gehen, dass sie sich beim nächsten Besuch einen Drink leisten können. Heute folgen Reisende aus aller Welt der Tradition und hinterlassen Fotos, Visitenkarten, Geldscheinen, BH’s, Nummernschilder und aller möglicher Krimskrams. Auch am Stuart Highway befinden sich die Devil’s Marbles, rote runde Felsbrocken, die zu gefährlich wackeligen Haufen aufgetürmt sind. Obwohl auf dem Stuart Highway teilweise „Open Speed Limit“ gilt (jeder darf so schnell fahren wie er verantworten kann), sind wir unseren gemütlichen 90 km/h treu geblieben. So können wir die vorbeiziehende Landschaft geniessen, nach Tieren ausschauhalten und viele Liter Diesel einsparen.
 
In Alice Springs, dem grössten Ort in Zentralaustralien, machten wir nur einen kurzen Halt, um wieder Diesel, Wasser und Essen aufzufüllen. Vor der australischen Migros trafen wir per Zufall wieder die Obwaldner von der Bootstour an. Und während wir auf dem Parkplatz vor dem Laden redeten und redeten spazierten doch tatsächlich noch die zwei Berner vorbei. Und da soll mal einer sagen, Australien sei gross! Der Gipfel des Eisbergs (oder eher des Ulurus) war dann erreicht, als wir auch noch unsere Ausserschwyzer Reisefreunde Chantal und David antrafen.
 
Begleitet von einem spektakulären Sonnenuntergang fuhren wir noch am gleichen Abend wieder ins Outback. Unser erstes Ziel war die West MacDonnell Ranges. Dort unternahmen wir am nächsten Tag mehrere Wanderungen. Besonders gefallen hat uns die Rundwanderung bei der majestätischen Ormiston Gorge, wo wir von rot leuchtenden Felsen umgeben waren. Bei der Glen Helen Gorge trafen wir wieder auf Chantal und David und wir unterbreiteten den beiden eine Idee, die uns in den Finger juckte. Im Red Centre gibt es den 4WD Finke River Track. Er gehört zu den anspruchsvolleren 4x4-Tracks und es wird empfohlen, diesen im Konvoi zu fahren. Steckenbleiben gehört zum Abenteuer und vorzugsweise sollte man mit einem zweiten Auto unterwegs sein, um in brenzligen Situationen einander helfen zu können. Der Ranger meinte auf unsere Frage, wie den der Track sei: „It’s a lot of fun!“. So brauchte es nicht viel Überredungskunst und wir schlossen uns wieder zum eingespielten Vierergespann zusammen. Nach dem Sprint zur vielfarbigen Redbank Gorge fuhren wir im Konvoi bis ins Palm Valley. Die Zufahrt war sehr steinig, sandig und somit ruckelig. Für die 19 Kilometer lange Strecke von der Hauptstrasse bis zum Campground brauchten wir 45 Minuten. Es sollte aber noch deftiger kommen… Am nächsten Morgen wollten Ueli und Andrea noch die Wanderung im Palm Valley machen. Dazu mussten wir noch vier Kilometer mit dem Camper zum Ausgangspunkt der Wanderung fahren. Und für diese kurze Strecke benötigten wir sensationelle 30 Minuten – one way versteht sich. Die „Strasse“ (es war eher ein Alpweg) führte über grosse Steine und Felsabsätze. Wir waren äusserst froh um die hohe Bodenfreiheit, den Allrad sowie den Kriechgang. Total durchgeschüttelt spazierten wir durch das mit Marienpalmen gesäumte Tal. Diese Palmen wachsen sonst nirgendwo auf der Welt und wir fühlten uns wie in einer Oase. Wieder zurück beim Campground rumpelten wir die restlichen 19 Kilometer zurück zur Hauptstrasse. Von dort startet der Finke River 4WD Track durch den gleichnamigen Nationalpark mit seiner urzeitlichen Landschaft. Der 100 Kilometer lange Track führt entlang des sandigen, steinigen Finke-River Betts. Der Allrad war schon nach den ersten Kilometern in Betrieb und es ging nicht lange und unser Camper blieb im weichen Sand stecken. Doch dank Luft aus den Pneus lassen kamen wir schnell wieder weiter. So schüttelten und rüttelten wir dahin, bis wir nach rund 45 Kilometer und vier Stunden Fahrt genug hatten und mitten im Flussbett unser Nachtlager einrichteten, ein grosses Feuer entfachten und Marshmellow‘s mit Chantal‘s Teleskopgabeln brätelten. Als es dann in der Nacht blitzte, donnerte und regnete hatte vor allem der weibliche Teil unserer Reisegruppe schlaflose Momente, da sie befürchteten, jederzeit von den Wassermassen weggeschwemmt zu werden. Die Angst blieb zum Glück unbegründet und so absolvierten wir am nächsten Tag die verbleibenden 55 Kilometer vom Track. Wegen dem nächtlichen Regen war der Pfad teilweise schlammig und glich eher einer Motocross-Strecke. Chantal und David blieb dann prompt im Morast stecken. Doch auch hier reichte das Ablassen von Luft aus den Pneus und wir erreichten wohlbehalten und ohne Schaden die ordentliche Strasse. Hier hiess es wieder Pneus aufpumpen, bevor wir in Richtung Kings Canyon fuhren. Der 4WD Track war ein unvergessliches Abenteuer. Wir fuhren ungefähr mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km/h und der Dieselverbrauch war doppelt so hoch wie normal.
 
Immer noch in Begleitung von Chantal und David erkundeten wir während der nächsten drei Tage die landschaftlichen Höhepunkte vom Red Centre. Beim Kings Canyon wanderten wir beim „Rim Walk“ entlang des gähnenden Abgrundes. Der Ausblick auf die 270 m tiefen, mit allen Farben durchzogenen Felswände war spektakulär. Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang erkundeten wir am nächsten Tag den weltbekannten Uluru, auch bekannt als Ayers Rock. Wenn die Sonne beim Auf- oder Untergang den Felsen anscheint und dieser seine Farben wechselt ist das ein magischer Moment. Auch wenn es nur ein riesiger Stein inmitten der flachen Landschaft ist, so war es schon ein besonderer Augenblick, vor dem beeindruckenden Monolithen zu stehen bzw. um ihn herum zu laufen. Wir nahmen noch an einem geführten Ranger-Spaziergang teil und erfuhren allerhand interessantes zur Spiritualität und Lebensweise der hiesigen Aborigines. Die 36 kuppelförmigen, eng beisammen stehenden Felsen Kata Tjuta (Olgas) erkundeten wir bei der Wanderung „Valley of the Winds“. Der Weg führte uns durch die Schluchten, ermöglichten wundervolle Ausblicke auf die surrealen Felsendome und führte über unterschiedlichste Terrains. Nach der Wanderung war einmal mehr der Moment gekommen, wo wir uns von Chantal und David verabschiedeten. Die beiden überraschten uns noch mit einem frechen Plakat auf dem Camper (siehe Foto).
 
Nach dieser fünftägigen Rundtour im wunderschönen Red Centre fuhren wir wieder retour nach Alice Springs. 100 Kilometer vor der Stadt ging die Sonne unter und wir beschlossen, bei einem Roadhouse zu übernachten und unser Znacht zu kochen. Älplermagronen soll es geben. Die Kartoffeln und die Zwiebeln waren geschält und geschnitten, das Wasser in der Pfanne. Und dann ging doch tatsächlich das Gas aus. So haben wir halt die rohen Zutaten wieder verpackt und uns kurzerhand im Roadhouse mit einem Krokodilburger verpflegt. Im Roadhouse (die als Haustier übrigens eine Schlagen haben) kommt spät Abend Hunz und Kunz zusammen: Touristen, australische Nomaden (viele Australier vermieten nach der Pension ihr Haus, investieren ihr Geld in einen grossen Camper oder Wohnwagen und ziehen für mehrere Jahre durch Australien), Lastwagenfahrer und Strassenarbeiter.
 
Mit den letzten Tropfen Diesel kamen wir in Alice Springs an und wollten wir wieder einmal auf einen Campingplatz gehen. Richtig duschen, alle Akkus laden, Kleider waschen, Blog schreiben. Nur haben wir aber nicht die Rechnung mit dem genau an diesem Wochenende stattfinden Race gemacht. Ganz Alice Springs war ausgebucht! Wir kamen dann doch noch zu einem Schlafplätzchen und mussten uns halt etwas umorganisieren. Kleider waschen mussten wir in der öffentlichen Wäscherei und fürs Blog schreiben und Akku laden nisteten wir uns in der öffentlichen Bibliothek ein. Flexibel muss man sein – oder wie die Australier zu allem sagen: No worries!
 
Alice Springs bietet einige interessante Aktivitäten. So besuchten wir die School of Air, die Royal Flying Doctor Service Base, das Reptiliencenter und einen Didgeridoo-Workshop. Die School of Air ist eine australische Schule der besonderen Art. Aus drei Studios werden Kinder im Outback zwischen 4 ½ bis 14 Jahre via Satelliten-Breitbandinternet und Webcams unterrichtet. Täglich nehmen die Schüler eine bis zwei Stunden am virtuellen Unterricht teil, den Rest erarbeiten sie zu Hause im dafür eingerichteten Schulzimmer, zusammen mit einem Hauslehrer oder Elternteil. Aktuell sind 122 Kinder an der Schule eingeschrieben und sie leben zwischen 80 bis 1‘000 Kilometer von Alice Springs entfernt. Die Eltern sind oftmals Farmer, Roadhouse-Besitzer, Ranger in Nationalpärken oder Dorfpolizisten von abgelegenen Siedlungen ohne Schule. Die School of Air in Alice Springs deckt ein Gebiet von 1,3 Mio. km2 ab, was zehnmal so gross ist wie England. Elf Lehrpersonen sind aktuell für das weltweit grösste Klassenzimmer tätig. Es war äusserst spannend, einen Einblick in eine Livesendung zu erhalten und ein bisschen vom Outback-Schulalltag mitzubekommen. Der Royal Flying Doctor Service kann mit der schweizerischen Rega verglichen werden. 63 PC-12 Maschinen aus der Werkstatt der Pilatus Flugwerke garantieren medizinische Versorgung in weit abgelegene Outback-Gebiete. Im Reptiliencenter gingen wir auf Tuchfühlung mit Schlangen und Echsen und konnte noch jene Spezies anschauen, die wir in der Wildnis bisher verpassten.
 
Nun bleiben uns noch vier Tage, um die 2‘000 Kilometer nach Cairns an der nördlichen Ostküste zurückzulegen. Dort tauschen wir unseren 4WD Bushcamper gegen ein normales Campingbüssli und düsen für die letzten (ach herrje) 2 ½ Wochen entlang der Küste nach Brisbane.
 
Liebe Grüsse
Andrea und Ueli
 
Strassen im Northern Territory

Eine handgrosse Golden Orb Spider
 
Die Idylle vom Adelaide River trügt
 
Hungrige Krokodile lauern im Fluss
 
Um an ein Stück Fleisch zu kommen machen sie hohe Sprünge aus dem Wasser
 
 
 
Krokodil auf dem Fogg Dam
 
Dieser Vogel hat so lange Zehen, dass er gemütlich von Wasserlilienblatt zu Wasserlilienblatt spazieren kann



 Eine Herde Wasserbüffel
 
Rock-Wallaby (Felskänguru)

Felsmalereien der Aborigines in Ubirr im Kakadu Nationalpark


Aussicht auf die Überflutungsebene in Ubirr


 
Bootsfahrt zum Sonnenaufgang bei den Yellow Water Sümpfen




Seeadler



Die Federn dieses Vogels sind nicht wasserresistent und daher muss er sich an der Sonne trocknen lassen

Ein Krokodil auf der Suche nach dem Frühstück
 

Felsmalereien bei Nourlangie im Kakadu Nationalpark
 
 
Termitenhügel

Am Morgen früh ganz alleine beim Gunlom Wasserfall

Ausblick vom oben


Edith Falls

Erfrischende Badepools


 
Daly Waters Pup

Outbackstimmung

Devil's Marbles





Abendstimmung "on the road"
 
West MacDonnell Ranges

Sonnenuntergang auf der Fahrt von Alice Springs ins Outback

Wanderung bei der Ormiston Gorge


zündrote Felsen in der Schlucht

Ormiston Gorge

Landschaft im Red Centre
 
vielfarbige Redbank Gorge


 
Palm Valley




Die "Strasse" dorthin war eine reine Rüttelfahrt

wilde Pferde
 
Kännsch Wällblächpischtä? Der Start zum 4x4 Finke River Track

Da war der Fahrer noch ganz relaxt

Die Strasse war ja auch eine Autobahn
 
Hier sah es dann schon anders aus
 
Die Hälfte der Luft muss aus den Pneus

Steile Böschungen

Mitten durch die Wildnis

Ab und zu gab es Schräglage
 
Motocross-Strecke




Und dann bleiben Chantal und David stecken

Auf der "Hauptstrasse" werden die Pneus wieder aufgepumpt
 
Wanderung entlang des Abgrunds beim Kings Canyon

Ueli wartet bis alle drei Fotos gemacht haben


250 Meter tief geht's runter


Die Felsen sind ein Farbenspektakel


Uluru bei Sonnenuntergang

Und hier bei Sonnenaufgang

Und hier bei der Umrundung



Und hier mitten am Nachmittag

Wolken bilden Schatten über dem Felsen und dieser bekommt sofort eine andere Farbe

Kata Tjuta (Olgas)

Wanderung durch die Felsendome





Unsere netten Ausserschwyzer warnen die anderen Strassenteilnehmer vor unserer Reisegeschwindigkeit
 
Mit dem letzten Tropfen Diesel erreichen wir nach der Red Centre Tour Alice Springs
 
 
Senderaum der School of Air
 
Didgeridoo-Workshop
 
Im Reptiliencenter geht Andrea auf Tuchfühlung mit Echsen...
 
... und Ueli mit Schlangen
 
Blauzungenechse
 
Thorny devil (Dornenteufel)
 
 
Ein riesiger Goanna (Riesenwaran)

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