Nach der Erkundung der Gegend rund um Cairns fuhren wir auf der Suche
nach der Sonne der Küste entlang südwärts. Die Strecke führte uns durch eine
Agrargegend voller Zuckerrohrfelder, welche mit Eisenbahnschienen der „Zuckerrohr-Eisenbahn“
(dem sogenannten sugar cane train) und Zuckermühlen durchzogen sind. In Mission
Beach fanden wir einen palmengesäumten Badestrand, jedoch keine goldene Kugel
am Himmel. Stattdessen sichteten wir einen der seltenen, wilden Kasuare. Der
Kasuar sieht dem Emu ähnlich, ist ein flugunfähiger Vogel, etwa so gross wie
ein ausgewachsener Mann, hat drei Zehen, einen blau-violetten Kopf, rote
Kehllappen, ein helmartiges Horn und ungewöhnlich schwarze Federn.
Wieder etwas weiter südlich entdeckten wir in der grauen Wolkendecke
ein blaues Loch. Wir fuhren sofort hin und landeten in Townsville. Diese
Ortschaft buhlt damit, dass hier durchschnittlich 320 Tage im Jahr die Sonne
scheint. Wir können es bestätigen: während es rundherum regnete genossen wir
zwei Tage das herrlich sonnige, faule Strandleben. Beim dortigen Tourismusbüro
informierten wir uns über mehrtägige Segeltouren bei den Whitsundays Islands.
Wir wurden förmlich erschlagen von all den verschiedenen, bis zu 200 Dollar
günstigeren Last-Minute Angeboten. Wir haben lange hin und her studiert für
welche Tour wir uns entscheiden sollen. Zu lange. Unser Parkticket war
inzwischen abgelaufen und wir hatten tatsächlich eine Parkbusse an der
Windschutzscheibe.
Auf der Fahrt nach Airlie Beach, dem Ausgangspunkt für die Segeltour bei
den Whitsundays Islands, machten wir noch einen Halt in Bowen. Dies ist einer
der wenigen Orte an der Ostküste, wo man vom Strand aus bei farbigen Korallen in
Begleitung von bunten Fischen schnorcheln kann. Airlie Beach erreichten wir
dann noch mit einem Liter Benzin im Tank – wir hatten uns noch nicht daran
gewöhnt, dass wir nun nur noch einen 60 Liter Tank haben und auch der Knopf für
den Zusatztank fehlt.
Am nächsten Morgen startete dann bei schönstem Sonnenschein unser
dreitägiger Segeltörn auf dem 16.4 Meter langen Segelschiff „Kiana“ durch die
aus 74 Inseln bestehenden Whitsunday Islands und zum 64 Kilometer von der Küste
entfernte äussere Great Barrier Reef. Die dreiköpfige Crew hiess uns willkommen,
Regeln wurden erklärt und die Betten zugewiesen. Als erstes peilten wir den
berühmten Whitehaven Beach der Whitsunday Island an. Wir waren wirklich
begeistert von der vielfarbigen Sand- und Meereslandschaft. Das wirbelnde
Muster aus reinem weissem Sand, der sich durch türkisblaues Wasser zieht,
zeichnet ein wahrhaft magisches Bild. Wir genossen die Zeit am schneeweissen
Sandstrand und dem kristallklaren Wasser und wateten auf der Suche nach
Stachelrochen und Babyhaien durchs seichte Wasser. Nach dem Landgang
schipperten wir zur ersten Übernachtungsbucht und sichteten auf dem Weg dorthin
noch einen Schwarm Delfine. Auf den romantischen Sonnenuntergang folgte ein
prächtiger Sternenhimmel und kurz darauf waren alle in ihrem schaukligen Bett
verkrochen.
Die Nacht verlief nicht sehr geruhsam, zu ungewohnt waren für uns die
stetigen Schaukelbewegungen. Als dann um 05.30 Uhr der Generator zu rattern
anfing war sowieso fertig mit schlummern. Kaum war die Sonne am Horizont
aufgegangen erkundeten wir schnorchelnd die faszinierende Unterwasserwelt der
Übernachtungsbucht. Farbig leuchtende Korallen sowie bunte Fische von sehr
klein bis recht gross, einzeln und in riesigen Schwärmen und nur wenige
Zentimeter von unserem Gesicht entfernt schwammen an uns vorbei. Ueli kam nach
dem kalten Schnorchelgang zu seinem ersten Tauchgang. Bei einem
Schnuppertauchgang erlebte er die Unterwasserwelt aus 12 Meter Tiefe und war
total begeistert von dieser neuen Erfahrung. Nach diesen Wasseraktivitäten
steuerten wir mit dem Schiff zum noch 32 Kilometer entfernten äusseren Great
Barrier Reef. Der Himmel war inzwischen von dunklen Wolken bedeckt und der Wind
hatte an Intensität zugenommen. Bei hohem Wellengang wurden wir während der
zweistündigen Fahrt nach links und rechts und rauf und runter katapultiert. Wir
haben die Überfahrt knapp ohne Fischefüttern hinter uns gebracht. Das Great
Barrier Reef hielt die grossen Wellen etwas ab, was aber überhaupt nicht
heisst, dass dort draussen flache und ruhige Wasserverhältnisse herrschten. Das
konstante Geschüttel setzte vor allem Andrea zu, doch dank den
Seekrankheitstabletten konnte sie die verspiesenen Mahlzeiten im Magen
behalten. Die Schnorchelgänge beim Great Barrier Reef waren wegen den
Bedingungen eher ungemütlich. Der Wind, die Wellen und die Strömung sorgten
dafür, dass man regelrecht über die Korallen hinüberschoss und die
Unterwasserwelt kaum erfassen konnte. Als Entschädigung für die rauen Verhältnisse
erspähten wir eine grosse Wasserschildkröte, die einen Kopf von ungefähr der
Grösse einer Kokosnuss hatte. Andrea fürchtete sich vor der Nacht, wie soll sie
das nur überstehen bei diesem Geschaukel im Bauch des Schiffes? Doch unser Kapitän
(Skipper), Gentleman und besorgt um das Wohl seiner Gäste, steuerte das Schiff
in eine kleine Lagune, wo der Wellengang noch etwas ruhiger war. Nach den
unterhaltsamen Geschichten des Skippers aus 20jähriger Seefahrertätigkeit
konnten wir gut schlafen – bis morgens um 02.00 Uhr die Flut einsetzte und die
hohen Wellen wieder übers schützende Reef eindrangen.
Am dritten Tag wurde wiederum um 05.30 Uhr der Generator angeworfen.
Ein fast wolkenloser Himmel umgab uns und der Wind blies kräftig weiter. Unser
immer positiv eingestellter Skipper entschied die Rückreise ans Festland
anzutreten, da für den Nachmittag noch viel kräftigere Böen gemeldet waren. So
fuhren wir bei 25 bis 40 Knoten Wind (45 bis 72 km/h) und über zwei Meter hohen
Wellen in Richtung Festland. Dies war mit Abstand der schlimmste Teil dieses
Segeltörns. Wir mussten uns drei Stunden extrem konzentrieren und
zusammenreissen, um nicht einfach als Häufchen Elend über die Reling hangend zu
enden. Wir hatten ab und zu recht Schräglage, was unserem Skipper Freudeschreie
entlockte. Als sich eine Welle so überschlug, dass das halbe Segelschiff überspült
wurde meinte er lachend: „Friends, this was a kiss from the ocean!“. Als wir
uns den schützenden Whitsunday Islands näherten sichteten wir die ersten
Buckelwale der Saison – eine Mutter mit ihrem Jungen. Die Übelkeit war sofort
bei allen vergessen. Bei einer mehr oder weniger windgeschützten Bucht einer
Insel konnten wir nochmals schnorcheln und uns die Bilder der spektakulären
Unterwasserwelt in unsere Erinnerungen einbrennen. Die letzten drei Stunden von
den Whitsunday Islands zurück ans Festland wurden dann die Segel gehievt und
der Motor abgestellt. Wir segelten bei ca. 20° Neigung und 12 km/h zurück ans
Festland. Dort waren wir froh, nach 48 Stunden wieder festen Boden unter den
Füssen zu spüren, obwohl es noch einige Stunden weiterschaukelte (was nicht am
anschliessenden Ausgang mit unserer Gruppe und Crew lag).
Nun blieben uns noch sechs Tage in Australien und eine recht lange
Strecke bis Brisbane lag noch vor uns. Wir entschieden, den Surferort Noosa –
rund 150 Kilometer nördlich von Brisbane gelegen – anzupeilen und dort die
letzten Tage am Strand zu verbringen. Da unsere Ausserschwyzer Reisefreunde
David und Chantal der Ostküste entlang hoch fuhren (und wir runter) wussten
wir, dass wir uns irgendwo wohl kreuzen werden. Nun schien es so, dass wir uns
knapp verpassten, da die beiden einen Abstecher ins Landesinnere machten und
wir genau zu diesem Zeitpunkt der Küste entlang runter fuhren. Verrückt wie wir
sind, gepaart mit unserem „Heimweh“ nach dem Outback sowie den zwei
Ausserschwyzern und auch das Wissen, dass die beiden für australische Verhältnisse
gar nicht weit weg von uns sind, fuhren wir den 300 Kilometer langen Umweg ins
Landesinnere um sie nochmals zu treffen. Die Fahrt führte uns vorbei an frisch
geernteten Baumwollfeldern und unzähligen Kohleminen. Tausende von mit
Schwarzkohle gefüllten Eisenbahnwagen kreuzten unseren Weg. Wir verabredeten
uns mit David und Chantal in Emerald und hatten einen äusserst gemütlichen
Abend auf einem Freecamp am Highway unter der Eisenbahnbrücke gelegen. Erst als
dem Ersten am Tisch die Augen zufielen konnten wir uns aufraffen ins Bett zu
gehen.
Nach einem öden Fahrtag erreichten wir rechtzeitig auf den grossen
Markttag das kleine Dörfchen Eumundi. Jeweils am Mittwoch- und Samstagvormittag
wird der Ort von hunderten Touristen bevölkert, die durch die rund 300
Marktstände flanieren und sich an den Essensständen vollessen. Nach dem
Shopping- und Essensvormittag liessen wir uns für die verbleibenden Tage in
Noosa nieder. Wir genossen das süsse Nichtstun, beschäftigten uns mit packen,
fanden einen aktiven Koala (die schlafen ansonsten nur) und wenn sich in einem
der seltenen Momente die Sonne blicken liess arbeiteten wir an unserer
Ferienbräune.
Am Samstagmorgen erreichten wir Brisbane, wo wir vor ziemlich genau
fünf Monaten das erste Mal australischen Boden betraten. Wir gaben unseren
Camper ab und nisteten uns am Flughafen ein, wo wir den ganzen Tag durchbringen mussten. Eigentlich wollten wir ja den Tag noch in der Stadt verbringen, doch da keine Schliessfächer mehr für unser Gepäck frei waren (und wir keine Lust hatten dieses Zeug nachzuschleppen) blieben wir halt am Flughafen. Am Sonntagmorgen kurz vor 01.00 Uhr startet dann die 30-stündige
Heimreise via Hong Kong und London. Nach 246 Tagen, rund 2,92 Mio. Schritten,
3‘820 Litern Spritverbrauch (Neuseeland und Australien), 31‘900
selbstgefahrenen Kilometern (24‘700 km in Australien, 7‘200 km in Neuseeland), 16‘800
Fotos und ungefähr 80 Postkarten reisen wir mit sehr viel Wehmut aber auch
gleich viel Freude zurück auf die Nordhalbkugel.
Es gibt ein paar wichtige Leute die uns vor und während unserer
Abwesenheit sehr unterstützt haben – und diesen gilt zum Schluss den
allergrössten Dank. Allen voran unserem zuverlässigen und speditiven
Backoffice, das sich um die ganzen Finanzen, die Post, den Bürokram und die
Übergabe der Wohnung gekümmert hat. Sie waren für uns die „Macher im
Hintergrund“, ohne euch wäre es für uns einiges komplizierter gewesen, von
Herzen vielen Dank für alles! Dann sind da auch unsere drei Basen, wo wir die
Kleider, Möbel und das Auto einstellen konnten. Der Imkerkollege von Ueli der
sich um seine Tiere gekümmert hat. Die helfenden Hände beim Zügeln. Die an den
Flughafen-Fahrer. Die Wohnungshüter. Alle, die uns vor der Reise nochmals zum
Essen eingeladen haben (und es nach der Rückkehr hoffentlich wieder tun J ). Und natürlich alle
die von sich hören liessen und uns nicht vergessen haben. Grazie, thank you,
dankä.
Bis gli!
Liebe Grüsse
Andrea und Ueli
Badestrand in Townsville
"Big Mango", ein weiteres Objekt dieser "Big-Dinge" von Australien
Aussicht auf den Whitehaven Beach
kristallklares Wasser
Da fühlt man sich wie in den Ferien
Unser Segelschiff "Kiana"
Fahrt in den Sonnenuntergang
Ueli nach seinem Taucherlebnis
Awesome!
Baumwoll-Erntemaschine
Baumwolle
Papageien neben unserem Übernachtungsplatz in Emerald
Ein aufgeweckter Koala
Er kletterte sogar den Baum runter und spazierte davon
Strand in Noosa
Ein seltener Moment mit Sonnenschein
Meistens sah es so aus
Unsere Route um (fast ganz) Australien in 3 1/2 Monaten