Donnerstag, 21. Mai 2015

Von Flussdurchquerungen, Buschfeuern und einem Camperleben im Staub

Von Broome aus erkundeten wir – immer noch zusammen mit Chantal und David –die Halbinsel Dampier Peninsula. Dazu fuhren wir 200 Kilometer zum abgelegenen Cape Leveque mit seinen roten Klippen am weissen Sandstrand und dem türkisblauen Meer hoch. Unterwegs besuchten wir die Kirche in Beagle Bay, welche einen Perlmuttaltar schmückt. Die Gegend rund um Broome ist bekannt für seine Perlenzucht. Doch statt eine Perlenfarm zu besuchen und möglicherweise in Kaufrausch zu geraten hat uns der schöne Sandstrand angelacht. Kurzerhand wurden Schaufeln, Kessel und Trinkgläser ausgepackt und das Projekt „Sandburg“ erlebte seinen Spatenstich. Während rund zwei Stunden wurde gegraben, geformt, präpariert und gegen die zunehmende Flut angekämpft. Kaum hatte das Sandimperium Form angenommen wurde sie von der Naturgewalt „Flut“ zerstört. Tja, man baut aber auch nicht in einer dunkelroten Gefahrenzone (Andrea’s dreimaliger Einwände und mehrjähriger Berufserfahrung hat Ueli keinen Glaube geschenkt)... Dass Ueli schon lange nicht mehr gearbeitet hat machte sich schon kurz darauf bemerkbar. Seine zarten Händchen hatten Blasen und es plagte ihn ein böser Muskelkater. Nach dem „Sändäli-Nachmittag“ fuhren wir die 200 Kilometer Strecke wieder zurück auf die Hauptstrasse und bogen nach links ab in Richtung Derby.

Derby ist der westliche Ausgangspunkt für die Gibb River Road, eine 660 Kilometer lange, staubige Outbackstrasse durch die wunderschöne Kimberleys-Gegend. Kühlschrank, Wassertank, Gasflaschen und 180 Liter Dieseltanks waren gefüllt – wir waren gerüstet für die viertägige Reise durch die einsame Natur mit Chantal und David. Wie eine rotbraune Schneise bahnt sich die „Gibb“ durch die karge Landschaft mit dicken Affenbrotbäumen, hohen Termitenhügeln, vertrocknetem Gras, uralten Bergketten und weidenden Zebus. Holprige Nebenstrassen führen zu abgeschiedenen Schluchten, Wasserfällen und beschatteten Wasserbecken. Natürlich liessen auch wir uns von all diesen Naturschönheiten hinreissen und besichtigten verschiedene Schluchten. Bei der Wanderung zwischen den Felsen der Windjana Gorge erspähten wir viele Süsswasserkrokodile, zum Glück jedoch in sicherer Entfernung. Beim Marsch durch den Tunnel Creek, eine stockdunkle Höhle mit einem knietiefen Fluss drin, mussten wir etwas mehr Mut aufbringen. Um ans andere Ende der Höhle zu gelangen musste man das Wasser mehrmals durchwaten. Das ginge ja noch, aber es leben blöderweise Süsswasserkrokodile in diesem Höhlenfluss. Wenn man mit der Taschenlampe über das Wasser leuchtete blitzten einem plötzlich rote Krokodilaugen entgegen, was also durchaus ein mulmiges Gefühl in der Magengegend auslöst. Der Besuch der Bell Gorge, Galvans Gorge und Emma Gorge verlief verhältnismässig unspektakulär. Doch dann gab es da noch der Besuch der Manning Gorge. Ausgerüstet mit Wasser und Badezeug starteten wir die Wanderung zur Schlucht mit Wasserfällen und einem Seeli zum Baden. Zuerst mussten wir jedoch einen kleinen Fluss überqueren, wozu eine Nussschale (übermütige nennen es Boot) bereit stand, um sich trocken ans andere Flussufer zu ziehen. Die Wanderung führte über Steine, durch zwei Meter hohes Gras und Buschland. Plötzlich um eine Kurve sahen wir das, was sich am Himmel, in unseren Nasen und durch ein verräterisches Knacken schon fünf Minuten vorher ankündigte: ein grosses Buschfeuer! Der Weg hinunter zur Schlucht war abgeschnitten, wir konnten nur noch die Flucht ergreifen. Während Ueli sich eher um den beissenden Rauch sorgte bekam Andrea heftigstes Herzklopfen beim Anblick der auflodernden Flammen, wenn wieder ein Windstoss über das Feuer fegte. Keine zehn Sekunden und die drei anderen sahen nur noch Andrea’s Fersen… Zurück am Ausgangspunkt der Wanderung wurden wir bereits vom besorgten Ranger erwartet. Es stellte sich heraus, dass wir die letzten Wanderer waren, die selbständig vor dem Feuer fliehen konnten. Acht Menschen waren in der Schlucht vom Feuer eingekesselt. Wir hatten alle bange Stunden, bis die Leute, welche übrigens im Wasser auf Hilfe warteten, gesund und heil zurück waren. Die letzten paar hundert Kilometer der Gibb River Road verliefen verhältnismässig ruhig. Einzig das Pentecost River Crossing, die längste und tiefste Flussdurchquerung auf der Gibb River Road, sorgte noch für etwas Euphorie und so fuhren wir tatsächlich fünf Mal hin und her. Nach vier Nächten unter einem riesigen Himmel voller Sterne und dem beobachten der Milchstrasse, vier Tagen im Staub der Naturstrasse (Andrea bekam fast Haarausfall weil das gesamte Camper-Innenleben am Abend jeweils von einer Staubschicht belegt war), vielen Flussdurchquerungen und zwei Steinschlägen in der Windschutzscheibe erreichten wir in Kununurra wieder die Zivilisation. Die Gibb River Road war ein tolles Outbackabendteuer, fernab von Handyempfang, Dusche und Lebensmittelladen. Wir hatten das Glück, dass die Strasse in einem sehr guten Zustand war, da diese nach der Regenzeit frisch präpariert wurde. Wir möchten es uns lieber nicht vorstellen wie es ist, wenn die 660 Kilometer eine reine Wellblechpiste mit hunderten von Schlaglöchern sind.

In Kununurra füllten wir wieder sämtliche Vorräte auf und besuchten die nächste Attraktion: der Purnululu Nationalpark mit der Bungle Bungle Range. Die 53 Kilometer lange Fahrt in den Nationalpark hatte es auf sich. Sensationelle zwei Stunden brauchten wir, um die holprige, kurvige und hüglige Strecke hinter uns zu bringen. Im Nationalpark wanderten wir durch die schmalen Felsspalten der Enchidna Chasm und vorbei an den ocker und schwarz gestreiften „Bienenkorbkuppeln“, den Bungle Bungles.

Nach über einem Monat im riesigen Staat Western Australia (der ist halb so gross wie Europa) überquerten wir die Grenze zum Northern Territory. Das Gute daran war, dass wir die Uhren um 1 ½ Stunden vorstellen konnten und somit die Sonnenstunden für uns wieder eher reisefreundlicher fallen. Bisher ging die Sonne um ungefähr 05.30 Uhr auf, Sonnenuntergang war dann kurz nach 17.00 Uhr. So etwas wie eine Dämmerung kennt man in diesen Breitengraden kaum, um 17.30 Uhr war es jeweils dunkel. Dank der Zeitverschiebung haben wir nun die Sonne etwas länger am Abend, was doch eher unserem Reiserhythmus entspricht. So kam es bisher doch ab und zu vor, dass wir bei Dunkelheit noch bis zum Übernachtungsplatz gefahren sind und wir Schlangenlinien fahren mussten, wenn wir kein Känguru – oder noch schlimmer eine Kuh – auf der Motorhaube wollten.
Seit wir im nördlichen Teil von Australien sind fahren wir fast täglich an einem Buschfeuer vorbei oder sehen die dicken Rauchwolken schon von weiter Ferne. Zum Teil sind diese Buschfeuer wild, das heisst sie entzünden sich selbst und erlöschen (meistens) auch immer wieder von alleine. Was es aber noch viel mehr gibt sind kontrollierte Buschfeuer. In diesen Fällen werden die Buschfeuer extra angezündet, um dem Boden frische Nahrung zu geben.
 
Zügig fuhren wir in Richtung tropischer Norden. Das Klima wurde zunehmend schwüler, am Abend gleicht unser Camper inzwischen jeweils einer Sauna (nur das Aufgiessen fehlt) und unzählige Giftkröten hüpfen um unseren Camper. Auf dem Weg nach Darwin machten wir einen Abstecher zum Litchfield National Park. Hier gibt es einige Wasserfälle, die in kristallklare Wasserbecken hinunterstürzen, welche wiederum von tropischem Regenwald umgeben sind. Das tönt doch wie im Paradies, oder? Zum Glück gefallen diese Oasen den gefährlichen Krokodilen nicht und man kann die Pools für eine willkommene Erfrischung nutzen.
 
In der Stadt Darwin, welche offiziell in den Tropen liegt und Bali näher ist als Sydney, musste sich unser treues Fahrzeug dem Ölwechsel unterziehen. Wir besichtigten unterdessen die Stadt und genossen deren Annehmlichkeiten. Zwei schräge Anekdoten erlebten wir noch beim Einkaufen. Ein Typ spazierte mit seinem Leguan auf den Schultern durch das Lebensmittelgeschäft und ein Paar kaufte tatsächlich zusammen per Funkgerät ein. Man stelle sich das so vor: Sie steht vor dem WC-Papier-Regal und spricht in das Funkgerät: „Du Schatz, soll ich das Aktions-WC-Papier nehmen welches kratzt oder doch lieber das teurere Dreilagige?“ Er funkt zurück: „Hhmm, nimm das Dreilagige. Und was soll ich eher nehmen, Blumenkohl oder Broccoli?“
 
Darwin war dann auch der Ort, an welchem wir uns nach fast einem Monat gemeinsamen Reisen von unseren Weggefährten Chantal und David verabschiedeten. Nun sind wir wieder auf uns alleine gestellt – was für ein komisches Gefühl. Unsere Weiterreise führt uns ins 1‘500 Kilometer entfernte Alice Springs im roten Zentrum. Auf dem Weg werden wir noch einen Abstecher in den Kakadu Nationalpark machen und die lange Fahrt mit sonstigen Sehenswürdigkeiten verkürzen.

Liebe Grüsse
Andrea und Ueli
 
Die roten Klippen am Strand vom Cape Leveque
 
 
 
Projekt Sandburg 

Diese ist dann kurz nach der Fertigstellung der Flut zum Opfer gefallen
 
Ein Boab-Tree (Affenbrotbaum) der als Gefängnis diente
 
Windjana Gorge
 
 
 
Süsswasserkrokodil
 
 

Abendstimmung bei der Windjana Gorge
 
 
 

Crocodile Dundee ging wagemutig bei der Wanderung durch den Tunnel Creek voraus 

Schweizer Vierergespann 

Im Tunnel Creek
 
Ueli hat mit der Schlange gekämpft, sie erledigt und gehäutet (in seinen Träumen)
 
 
Termitenhügel
 
On the Gibb River Road
 
Aussicht über die Kimberleys-Gegend
 
 
Bell Gorge
 
 
 
 
Galvans Gorge
 
Flussüberquerung bei der Manning Gorge
 
 
Das Buschfeuer schnitt uns den Weg ab
 
 
 
Einsames Buschcamping
 
Ein waschechtes Buschtelefon
 
Flussüberquerungen aller Art
 
 
Pentecost River Crossing
 
 Blick hinter die Kulissen
 
  
Emma Gorge
 
Knorrige Affenbrotbäume
 
 
Sonnenuntergang im Purnululu Nationalpark
 
Bungle Bungle Range
 
 
 
Cathedral Gorge
 
 
 
Enchidna Chasm
 
 
Ueli ganz klein
 
 
Zebus
 
 
Buschfeuer bzw. der Rauch davon
 
 
Eine grosse Gottesanbeterin
 
 
Nein, das ist kein Friedhof, das sind Termitenhügel
 
Florence Falls im Litchfield Nationalpark
 
Wangi Falls im Litchfield Nationalpark